Drogen zerstören die “innere Wohnung”

Meine Seele ist wie eine Wohnung. Sie hat eine Eingangstür und auch eine Hintertür. Es gibt einen Wohn- und Essbereich, den Gäste sehen dürfen, ein Schlafzimmer, das nur für bestimmte Menschen zugänglich ist, und einen Keller.

Im Keller bewahre ich all die Dinge auf, die irgendwie zu mir gehören. Es gibt schmutzige Ecken und Dinge, die man nicht unbedingt zeigen möchte. Heute nehme ich euch mit in diesen Seelenkeller, um aufzuräumen – so, wie es mein Psychologe empfohlen hat.

Mein Weg in die Abwärtsspirale

Ich habe nicht viel gelernt, habe nur einen Hauptschulabschluss (10B), und war schon immer ein wenig exhibitionistisch veranlagt. Vor einigen Jahren meldete ich mich bei einer Webcam-Seite an. Ich tat es aus freien Stücken und meistens sogar gerne.

Alles, was man dafür braucht, ist ein PC, eine Webcam und ein Telefon. Menschen zahlen gutes Geld, um einen live nackt zu sehen und dann über das Telefon erotisch anzuleiten. Anfangs habe ich das oft gemacht, in der Hoffnung, mich von staatlicher Unterstützung unabhängig zu machen.

Die Identität der Menschen, die mich über die Kamera beobachteten, kannte ich fast nie, da die Plattform mir diese Daten nicht zur Verfügung stellte. Anfangs verdiente ich monatlich 200 bis 400 Euro zusätzlich. Mit der Zeit wurde es mehr – nach einem Jahr harter Arbeit waren es schon 800 Euro im Monat, weil ich Stammgäste hatte. Doch dafür musste ich mindestens fünf Stunden täglich arbeiten. Das reichte immer noch nicht, also steigerte ich die Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden täglich. Schließlich hatte ich ein unregelmäßiges Einkommen von etwa 1.100 Euro im Monat – genug, um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Doch ich konnte dieses Pensum nicht lange durchhalten.

Der Einstieg in die Drogenszene

Im Darknet informierte ich mich, wie ich meine Leistung steigern könnte, und kam in Kontakt mit einer Organisation, die mich mit sogenannten “Aufputschmitteln”
versorgte. Es waren richtige Drogen, meist Crystal Meth. Anfangs schien es,

als würde alles leichter werden. Ich konnte mehr arbeiten und verdiente manchmal bis zu 1.800 Euro im Monat – auch wegen der erhöhten Nachfrage während der Corona-Zeit. Doch die Organisation ließ sich gut bezahlen: Etwa 500 Euro pro Monat gingen allein für die Drogen drauf.

Mit der Zeit merkte ich, wie sehr die Drogen mich veränderten. Ich zog sie mir täglich durch die Nase, als wäre es nichts Besonderes. Die Droge machte mich wach, aber abends trank ich Alkohol, um überhaupt schlafen zu können.

Dann kamen die Paranoia. Sie schlichen sich in meinen Kopf und verfolgten mich selbst in meinen Träumen. Der Albtraum: Paranoide Träume Jede Nacht bekam ich den gleichen Anruf. Wenn ich ans Telefon ging, hörte ich eine kaputte Bandansage:

“Kurze Melodie. Guten Tag, bitte drücken Sie alle Tasten, wenn Sie Crystal brauchen.”

“Kurze Melodie. Guten Tag, leider gibt es ein erhöhtes Warteaufkommen. Seien Sie fröhlich und schauen Sie in den Spiegel.” Ich schaute in den Spiegel und sah einen Mann, der mich filmte, während ich schniefe.

“Kurze Melodie. Guten Tag, bitte legen Sie sich flach auf den Boden und essen Sie Scherben oder drücken Sie alle Tasten, um Crystal Meth zu bestellen.”

“Kurze Melodie. Guten Tag, alles, was Sie lieben, wartet nicht mehr auf Sie. Halten Sie alle Tasten gedrückt, um dies zu bestätigen.”

“Kurze Melodie. Guten Tag, es ist 1:26 Uhr. Sie werden jetzt beobachtet. Bitte töten Sie sich. Der Kunde hat das so gebucht.”

Zusammenbruch und Neuanfang
Meine Paranoia wurden so schlimm, dass ich nicht mehr arbeiten konnte. Ich kümmerte mich auch nicht darum, auf andere Weise Geld zu verdienen. Ich aß und trank kaum noch. Schließlich brach ich im Treppenhaus zusammen.

Ein Krankenwagen brachte mich ins Krankenhaus. Danach kam ich in eine psychiatrische Klinik, wo ich einen Entzug durchmachte. Doch das war nur der erste Schritt. Jetzt bin ich in einem Reha-Zentrum für Suchtkranke, wo ich mehrere Monate bleiben werde, um neue Wege zu finden.
Mein Appell an euch

Bitte, nehmt keine Drogen. Sie machen krank und zerstören euer Leben.